Die 4000er-Jagd wurde auch dieses Jahr fortgesetzt. Von den eigenständigen Gipfeln, die die magische Grenze überschreiten, konnten bereits fast 50 abgehakt werden. Dieses Jahr sollte eigentlich die härteste Nuss geknackt werden, die Aiguille Blanche de Peuterey. Mit 4.112m zwar nicht der höchste, doch gemäss 4000er Papst Gödeke „der schwierigste der wirklich selbstständigen 4000er“. Meine zwei starken Seilpartner Helge und Herman landeten in Zürich. Per Mietwagen ging es nach Martigny. Der letzte Wetterbericht wurde runtergeladen. Er verhiess nichts Gutes. Vorläufig sollte nur der Sonntag Sonnenschein bringen. Also ging es ohne Akklimatisierung in Richtung Grand Combin. Bei uns zwar nicht so bekannt, doch ein riesiges Bollwerk von einem Berg zwischen dem Mont Blanc und den berühmten Walliser Gipfeln (Matterhorn und Trabanten). Von Bourg St. Pierre am Grossen St. Bernhard Pass ging es bei Regenwetter los. Weit hinein ins Tal und dann noch weit hinauf. Ohne Sicht ziemlich demotivierend. Die Hütte Cabane Valsorey auf über 3.000m ist aber sympathisch und Herman und Helge konnten ihren Brutal-Akklimatisierungsprozess beginnen. War am Vortag der Regen der Spielverderber, schien uns am nächsten Morgen die schlechte Sicht einen Strich durch die Rechnung zu machen. Um 4 brachen wir im wahrsten Sinn des Wortes bei Nacht und Nebel auf. Bei 5-Meter Sichtweite stolperten wir durch die Geröllfelder oberhalb der Hütte. Die Chancen auf einen Gipfelsieg waren schlecht. Doch plötzlich, auch ca. 3.400m Seehöhe, durchstiessen wir den Nebel und konnten den Metingrat, der auf den Gipfel führt, erahnen. Trotz des Niederschlags des Vortages sah der Grat zu unserer Überraschung schneefrei aus. Ein Führer mit Kundin spurte vor uns, hinter uns noch einige Seilschaften. Auf gut 3.700 begann die Kletterei. Es gab zwar kaum Neuschnee, doch völlig vereiste Felsen machten aus der eher mässig schwierigen Kraxelei eine Mixed-Aktion (Anm.: kombiniertes Eis-Felsklettern mit Steigeisen). Der Führer vor uns gab auf, die nachfolgenden Gruppen auch, doch wir arbeiteten uns langsam aber sicher nach oben. Die eisigen Felsen zwangen uns zu einer Querung hinaus auf die noch firnige Südflanke und schlussendlich war der Vorgipfel Grand Combin de Valsorey erreicht. Es ging noch ca. 50 Meter abwärts ehe wir unsere eigenen Spuren durch den Pulver zum Hauptgipfel zogen. Prächtiges Weiss und strahlend blauer Himmel. Im Osten tauchten nur die höchsten Gipfel aus dem Nebel. Allen voran das Matterhorn. Im Westen war es dagegen wolkenlos mit dem alles überragende Mont Banc- Massiv. Da wir für den Aufstieg fast sieben Stunden gebraucht hatten, entschieden wir uns für die Nordwest-Flanke als Abstiegsvariante. Diese bildet eine impossante Eiskulisse. Ältere, gerade noch erkennbare Spuren führten uns durch ein Spalten- und Kaskadenlabyrinth. Am Schluss gab es noch ein sehr anstrengendes Gewuhle und 200 Meter Gegenanstieg, bevor wir wieder zur Valsorey Hütte gelangten. Wegen des unsympathischen Wetterberichts gaben wir uns stressfrei und übernachteten nochmals auf der Hütte.